Aschaffenburg, 10. März 2024

"... als wäre ich vom Mond gefallen ..." Teil 3: Ofizielle Anlässe und Rückreise

In den letzten Tagen hatten wir dann noch offizielle Anlässe zu absolvieren. Der Lamido, der traditionelle König, von Maroua geruhte uns zu empfangen. Sanda hatte ein Mitglied des Hofstaates des Lamido auf der Straße überholt und – sozusagen by the way – das Treffen vereinbart. Niemand geht ohne Geschenk zum Lamido. Was bringt man also mit? Sieben Hühner wurden erstanden.

Im königlichen Palast wurden wir in den Empfangsraum geführt und mussten dort warten, bis der Lamido kam. Der Raum war interessant eingerichtet mit vielen großen Sofas, in der Ecke standen sie sogar aufeinandergestapelt. Auf dem Boden lagen Teppiche, zum Teil waren sie zusammengerollt.

Nach einer Weile kam der König persönlich herein. Wir Frauen hatten die Augen niederzuschlagen und wurden weiter nicht beachtet. Sanda hat uns vorgestellt. Klaus hat sich bei ihm für den Empfang bedankt und das Projekt Lumière-Cameroun vorgestellt, das er noch nicht kannte, da er erst vor wenigen Wochen das Amt von seinem verstorbenen Vorgänger übernommen hatte. Er war dann eigentlich ganz angetan und hat uns den übrigen Lamidos der gesamten Region Extrême-Nord vorgestellt. Sie hatten nämlich an diesem Tag ein Treffen, um einen Verein zu gründen, der die Entwicklung der Region voranbringen soll. Deshalb also gingen wir in den Empfangsraum für die wichtigen Personen. Der war erheblich größer und schöner, alle Achtung. Dort wurden wir vorgestellt, die jüngeren Lamidos haben uns Frauen auch die Hand gegeben und wollten mit uns sprechen. Da genügt mein Französisch halt echt nicht, aber immerhin.

Nach ein bisschen Smalltalk mit Sanda und Klaus sind wir wieder abgezogen.

Gruppenbild mit dem Lamido von Maroua

Direkt danach gingen wir auf den Kunsthandwerkermarkt. So ein Markt ist natürlich nochmal wuseliger mit vielen Menschen, vielen Ständen aus verschiedenen Materialien gebaut: Stroh, Plastikplanen, Ästen, Bäumen, alles Mögliche halt. Einer neben dem anderen, sehr unübersichtlich.

Auf dem Kunsthandwerkermarkt muss man immer handeln. Bei Weißen werden die Preise erstmal mehr als verdoppelt. Sanda und Marguerite haben das dann für uns geklärt. Wir haben schöne Sachen gefunden und die Händler waren auch zufrieden.

Der farbenfohle Kunsthandwerkermakt in Maroua

Am Abend waren wir dann noch beim Präsidenten des Evangelischen Kirchenbundes eingeladen. Das war ein wirklich netter und intelligenter Mensch. Kein bisschen eingebildet und seiner Frau auch sehr zugetan. Es kamen noch zwei Pastoren dazu. Einer aus einem Dorf, wo Boko Haram Menschen entführt hat und  weitere Menschen geflohen sind. Aus diesem Grund gibt sehr viele Inlandsflüchtlinge. Auch das ein großes Problem. Wohin mit den Menschen, wo gibt es Essen und Wasser, Schule und Arbeit? Die haben dort Probleme zu lösen, da ist das hier bei uns in Deutschland echt nix.

Der nächste Tag war ein Sonntag, wir fuhren in ein Dorf, nahe Sandas Heimatort, um dort eine Frauengruppe zu besuchen und in die Kirche zu gehen. Wir waren dann leider in der falschen Kirche, wir wurden nämlich in einer anderen erwartet. Interessanter Gottesdienst, mit schöner, einheimischer Musik und Tanz. Die Geckos sind überall die Wände hoch und runter geflitzt. Etwas befremdlich war, dass die Kollekte für ein besonderes Projekt notiert wurde und vorgelesen, wer was gegeben hat. Nach dem Gottesdienst sind wir wieder losgefahren und haben die Frauengruppe gesucht und gefunden und unseren Irrtum bemerkt.

Der Chor singt und tanzt in der Kirche

Egal! Wir haben den Brunnen im Dorf besichtigt und das von den Frauen gebaute Lagerhaus. Dort wird Getreide nach der Ernte eingelagert und kann später für einen höheren Preis verkauft werden. Zusätzlich versuchen die Frauen, Kompost aus Viehdung herzustellen, um die Felder fruchtbar zu machen. Das riecht man auch. Dort konnten wir einen Blick in den Hof und die Hütten einer Familie werfen. Die Häuser sind aus Naturmaterialien und innen sauber und ordentlich. Da gibt es nichts. Leider liegt "in der Natur" sehr viel Plastikmüll herum. Das ist besonders schlimm in der Stadt, auf den Dörfern nicht so.

Der einzige Brunnen im Dorf Adia mit sauberem Wasser

Mit Eimern und Kanistern transportieren die Kinder das Wasser nach Hause

Mittagessen gab es bei Sandas Bruder, auch ein Bauer. Dieser Bauernhof war nicht so groß wie Sandas, die Gebäude aus selbstgemachten Lehmziegeln gebaut, alles ordentlich und sauber. Dort haben wir im Schatten einer Strohmatte gesessen und den einheimischen süßen Hirsebrei genossen. Der war auch sehr, sehr gut.

Abends Abschlussessen mit Sanda, Rebecca und uns im Hotel.

Aususte und Rebecca Sanda

Am nächsten Morgen dann Abreise, aber zunächst um 10 Uhr Brunch bei Klaus und Marguerite zuhause. Die beiden haben eine schöne Finca, einstöckig, einfach und zweckmäßig, mit einem schönen Schattenplatz und vielen Bäumen. Dort ließen wir uns das Essen schmecken, bevor wir um 11.30 Uhr losfuhren zum Flughafen. Das Einchecken war kein Problem, der Flug nach Yaoudé ein bisschen turbulent. Ein Fahrer des Hotels holte uns ab und brachte uns ins Hotel. Dann sind wir noch ein bisschen spazieren gegangen. Hier ist uns dann richtig aufgefallen, wie viel mehr Grün in Yaoundé ist im Vergleich zu Maroua.

Kamerun ist Afrika im Kleinen, es gibt Regenwald und Wüste und alles dazwischen.

Im Hotel gab es dann Abendessen, Fußball und viel Jubel auf der Straße.

Und einen 4-Achs-LKW, der sich vollbeladen auf der Gegenfahrbahn einen Berg hinauf gehupt hat. Mein Vater hätte seine helle Freude an diesem Spektakel gehabt.

23.01.2024 Dienstag, der letzte Tag in Kamerun ist angebrochen. Wir hatten einen netten Fahrer bekommen, der eine ausführliche Stadtrundfahrt mit uns gemacht hat. Das war sehr interessant, viele Menschen, viele Straßen, einfach viel Gewusel. An einem Aussichtspunkt hat der gute Dietrich die Garde des Präsidenten im Auto fotografiert! Das Bild musste er in deren Beisein in den Papierkorb verschieben.

Zum Abschluss dann noch das Nationalmuseum von Kamerun. Es war nicht so groß, aber doch interessant, auch mal die anderen Ethnien im Land zu sehen und einige derer Utensilien, Instrumente, Bauweisen, Bilder aus der Kolonialzeit, eine Ausstellung über die Baumwolle.

Um 18 Uhr fuhren wir dann zum Flughafen, um 22 Uhr ging der Flug nach Brüssel. Ankunft dort 5:05 Uhr. Und dann 6:45 Uhr Abflug von Brüssel nach Frankfurt. Dort wurden wir mit dem Auto abgeholt und am Dienstag, dem 24.01.2024 um ca. 10 Uhr war ich dann wieder in meiner Wohnung.

Müde, glücklich und mit vielen Eindrücken im Gepäck in Frankfurt gelandet

Wie im ersten Teil meines Reiseberichts erwähnt: Auch jetzt, ein paar Tage später, komme ich mir vor, als sei ich vom Mond gefallen. Wir leben hier im absoluten Überfluss und sind trotzdem nur nörgelig und unzufrieden, obwohl wir alles haben. Keiner muss hier hungern, im Gegenteil, wir sind viel zu dick, alle! Die Straßen und Plätze sauber und ordentlich, in den Geschäften gibt es alles, was man will. Und dort die absolute Armut, die Zufriedenheit mit den kleinsten Dingen und das Wissen, dass alles nicht selbstverständlich ist. Dazu die Kreativität dort und der Fleiß. Wir können viel voneinander lernen.

 


Hier der Link zum ersten Teil ...

... und hier zum zweiten Teil von Astrids Reisebericht

Fotos: Dr. Hansjörg Schemann, Ayouba Alex Sinkoum