Aschaffenburg, 10. März 2024

... als wäre ich vom Mond gefallen,
so fühle ich mich im Moment nach meiner Rückkehr aus Kamerun.

Teil 1: Ankunft in Kamerun

Wir haben mit einer kleinen Reisegruppe die Projekte von Lumière-Cameroun ganz im Norden Kameruns, also im Landesteil "Extrême Nord" besucht. Lumière-Cameroun ist ein Verein nach kamerunischem Recht, von Christen gegründet im Jahr 2007, um die dort lebenden Frauen zu unterstützen bei der Entwicklung ihrer eigenen Projekte. Diese Hilfe ist angesichts Analphabetismus, Armut, Terrorgefahr aus den benachbarten Staaten dringend nötig.

Dr. Hansjörg Schemann, Beate und Dietrich Böhm, Astrid Selent (v.l.n.r) kurz vor dem Abflug in Frankfurt

Am 14.1.2024 startete unsere 4-köpfige Gruppe um 9:35 Uhr vom Flughafen Frankfurt nach Brüssel. Von Brüssel aus ging es um 11:40 Uhr nach Yaoundé (mit einem Zwischenstopp in Douala). Ankunft 20:45 Uhr. Nach ausgiebigen Einreiseformalitäten mit aufgeklebtem Visum im Reisepass und vielfacher Prüfung desselben waren wir dann endlich in Kamerun eingereist.  Unsere Freunde Klaus und Marguerite, die Initiatoren und Geschäftsführer des Projekts Lumière-Cameroun, ein deutsch-kamerunisches Ehepaar mit Wohnsitzen in beiden Ländern, begrüßten uns herzlich.

Mit einem Fahrer ging es vom Flughafen in die Stadt, ins gebuchte Hotel "Safyat". Der erste Kulturschock: der Verkehr. Jeder fährt irgendwie. Überholen geht auch bei Gegenverkehr, denn schließlich ist immer noch irgendwo ein bisschen Platz, zusätzlich laufen am Rand der Autobahn auch noch Menschen. Obwohl es bereits dunkel war, konnte man viele Bäume und sattes Grün an der Straße und im Umland erkennen. Dann die Stadt. Der Verkehr einfach unbeschreiblich dicht und eng mit allen Verkehrsteilnehmern in jeder Richtung, Autos, Mopeds, riesige LKWs, Menschen. Wichtigstes Utensil im Verkehr: die Hupe! Dazu an den Straßenrändern dicht gedrängt Verkaufsstände mit allem, was man in Kamerun so zum Leben braucht, und Menschen, Menschen, Menschen jeden Alters. Dazu war es ca. 30° C feucht-warm und die Luft mit Staub, Abgasen und Rauch aus den vielen Holzfeuern am Straßenrand angereichert.

Das Hotel dagegen war schön temperiert, wir wurden dort freundlich empfangen und konnten die schönen, kühlen Zimmer beziehen. Der Aufzug sah zunächst nicht so vertrauenserweckend aus, tat seine Dienste unter Geruckel und Gezuckel aber ohne weitere Probleme. Die verschachtelte Bauweise des Hotels verursachte einige Irrwege, doch wir haben immer alles gefunden. Besonders zu erwähnen: die Roof-Top Bar des Hotels. Mit einem wunderbaren Ausblick auf die Straßenkreuzung vor dem Hotel und das Gewusel auf der Straße unter uns. Das war wie Wimmelbild, und immer die Frage: wie machen die das ohne Unfälle, wir haben viel zu lernen von den Menschen dort.

Und: es gab hier sogar einen Swimming-Pool, Dietrich hat ihn dann am nächsten Morgen getestet und war begeistert.

Yaoundé by nignt, aufgenommen von der Dachterrasse des Hotels

Am nächsten Tag um die Mittagszeit ging es zurück zum Flughafen, um den Flug nach Maroua-Salak zu erreichen. Das Einchecken dort war ein echtes Erlebnis. Es gab Menschen die "priority" eingecheckt wurden, die kamen immer irgendwoher, stellten sich vorne an, die ganze Schlange ging dann irgendwie nicht weiter, dann wurden wir herausgezogen und woanders hingestellt, dann kamen die "priority" Menschen wieder vor. Zum Glück war Klaus da und hat uns durchgelotst. Er ist tatsächlich auch laut geworden und irgendwann saßen wir tatsächlich in einer kleinen Propellermaschine und der 90-minütige Flug nach Maroua-Salak-Airport hob ab.

Maroua ist die Hauptstadt der Region (vergleichbar mit Bundesland) Extrême-Nord, Sitz des Vereins und Wohnort von Klaus und Marguerite. Am Flughafen ein Riesentrubel mit Soldaten, Polizei und Menschen in verschiedenen Uniformen. Fotografieren allerstrengstens verboten! Der Finanzminister wird erwartet, da muss man alles aufbieten, was man so hat.

Uns hat dann Sanda dort ganz herzlich begrüßt. Er ist der stellvertretende Vorsitzende des Vereins und begleitet die Arbeit vor Ort. Durch die vielen Menschen und Fahrzeuge stand dann "unser" Fahrzeug, ein Kleinbus, mit dem wir dann auch die nächsten 5 Tage unterwegs waren, ein bisschen weiter weg vom Ausgang.

Bis zur Stadt Maroua sind es ca. 17 km über unterschiedlichste Straßen, mit Bodenwellen, so genannten Eselsrücken, die würden hier eine Revolution auslösen, so hoch sind die. Aber sie verlangsamen den Verkehr ungeheuer, eine wirklich zielführende Maßnahme! Am Anfang war die Straße noch geteert, dann wurde es ein bisschen staubiger und holpriger und es gab ein paar Schlaglöcher, die Sanda immer umkurvte. Ein großer 4-Achser LKW, vollbeladen mit Zementsäcken, war in der Mitte gebrochen und wurde am Straßenrand von vielen Männern umgepackt, Kinder standen daneben und guckten.

Überhaupt die Kinder: überall und immer sind Kinder jeden Alters unterwegs. Die großen Kinder haben die kleinen Geschwister dabei, entweder an der Hand oder auch im Tragetuch auf dem Rücken. Einen Kinderwagen habe ich in Kamerun jedenfalls nicht gesehen. Bereits in den Flugzeugen waren viele Kinder mitgeflogen. Zusätzlich zu der Betreuung der kleinen Geschwister, tragen sie noch Wasser oder Getreide oder Sonstiges auf ihren Köpfen, oder verkaufen am Straßenrand Waren. Die gelben Flaschen, die dort massenhaft an der Straße verkauft werden, hielt ich erst für Öl. Weit gefehlt! Unverzolltes, billigeres Benzin verkaufen die Kinder und Jugendlichen. Sie füllen es ab aus großen gelben Kanistern in kleine Flaschen. Alles ohne Schutzvorrichtungen, das führt regelmäßig zu schweren Unfällen und Todesfällen, die Menschen dort haben aber aufgrund ihrer Armut keine andere Wahl.

Inofizielle Tankstelle am Straßenrand. Das Benzin kostet umgerechnet 0,75 € pro Liter. Der Preis an der ofiziellen Tankstelle
liegt bei 1,30 € pro Liter.

Wir hatten dann in Maroua eine schöne Lodge als Unterkunft. Einzelne Hütten, für jeden Gast eine eigene Hütte, um einen Innenhof gruppiert mit einem Freiluftbistro  für Frühstück und Snacks und einem Restaurant für das Abendessen. Dort wurden wir hervorragend verpflegt mit allezeit frischgepresstem Saft (Ananas, Guave, Grapefruit, Mandarine usw.) gutem Brot, Pizza und einem abendlichen 3-Gänge Menü.

Nicht zu vergessen: es gab dort 3 Shops. Einen sehr kleinen Shop mit Postkarten und "Kunst". Die Sachen standen aber schon einige Jahre in Wind und Sand und waren eigentlich nicht mehr zu verkaufen. Einem Shop mit Kleidung aus den wunderschönen bunten Kamerun-Baumwollstoffen. Hier haben wir dann wirklich noch eingekauft.

Der 3. "Shop" war ein älterer Baba, der jeden Morgen kam und seine Schätze ordentlich auf den Boden stellte, und einige Kleidungsstücke auf eine Leine aufhing. Wir haben ihm dann einige Postkarten abgekauft, es waren die einzigen Karten, die wir fanden, die noch einigermaßen brauchbar waren.

Betreiber der Lodge sind ein Deutscher und ein deutsch-französisches Ehepaar. Sie sind schon viele Jahre in Kamerun und haben bis jetzt dort durchgehalten, obwohl der Tourismus zusammengebrochen ist wegen der Terrorgefahr durch Boko Haram und andere Gäste während Corona auch nicht kamen.

Dietrich, Beate, Hansjörg, Astrid und Sanda vor der Rezeption des Hotels Porte Mayo

Von hier aus ging es also täglich los, die einzelnen Projekte zu besuchen. Am ersten Nachmittag haben wir dann erstmal die nähere Umgebung der Lodge zu Fuß erkundet. Im Gänsemarsch ging es an der Straße im Staub entlang, die Fahrzeuge und deren Hupe immer im Rücken, Gehwege meistens Fehlanzeige.  Straße überqueren war auch eine Herausforderung. Der Verkehr läuft einfach weiter, Querungshilfen gibt es nicht. Aber ich hatte ja bereits in Vietnam geübt, das hat geholfen. Die Einheimischen haben uns bestaunt und nachgeschaut, hier waren wir die Exoten. Weit sind wir bei dem ersten Spaziergang nicht gekommen. Es gab eine Brücke in der Nähe über ein breites, großes, nicht völlig ausgetrocknetes Flussbett. Dort spielte sich das Leben ab und wir konnten das von der Brücke wie im Fernsehen bestaunen. Frauen wuschen ihre Wäsche in gegrabenen Löchern, Kinder spielten Ball, andere ritten ein Pferd und badeten es in den Wasserresten. Kinder spielten und tollten herum. Plötzlich kam eine große Rinderherde von links angelaufen. Der Hirte vorneweg, andere Hirten daneben. Langsam gingen sie unter der Brücke durch und näherten sich den Wasserlöchern, um zu trinken. Dann gingen sie in der Ferne aus dem Flussbett, zurück zu ihren Besitzern. Das alles mitten in der Stadt. Während der Regenzeit führt der Fluss dann auch richtig viel Wasser.  Ab 18 Uhr wird es dann plötzlich dunkel, wir gingen zurück in die Lodge. Ab 22 Uhr sollte man sich dann nicht mehr auf den öffentlichen Straßen aufhalten, das sei zu gefährlich - wegen der Überfälle.

Abendspaziergang im trockenen Flussbett, Mayo genannt. Klaus hat uns erzählt, dass es nach starken Regenfällen während der
Regenezeit bis an den Rand gefüllt ist.

Wir sind nicht allein.

Ohne Worte


Hier der Link zum zweiten Teil ...

... und hier zum dritten Teil von Astrids Reisebericht.

Fotos: Dr. Hansjörg Schemann