Maroua, 21. Februar 2024

Paulus schreibt: „Ihr sollt wissen, meine Lieben: Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden …‘“ Jakobus 1, 19 (LU17)

Oft werde ich gefragt, was ich denn so mache, wenn ich in Kamerun bin. Wenn ich darüber nachdenke, dann kann ich meine Tätigkeit mit zwei Worten beschreiben: Reden und Hören. Wobei sich der Schwerpunkt in den letzten Jahren immer mehr vom Reden auf das Hören verlagert hat, ganz im Sinne des oben zitierten Bibelverses aus dem Jakobusbrief.

Diese Umstellung war eine sehr große Herausforderung für mich und für das Team. Und sie ist noch nicht abgeschlossen. Ich selbst bin trainiert, Probleme zu erkennen und Lösungen zu finden. Wenn ich Probleme sehen, dann überlege ich schon fast automatisch, wie ICH sie lösen kann. Meine eigenen zum Teil leidvollen Erfahrungen haben mir vor Augen geführt, dass dieser Weg nicht immer der beste ist:

  • Erkenne ich die Probleme richtig und vollständig? Sind es auch für die Menschen hier Probleme? Vielleicht ist es für sie kein oder nicht das dringendste Problem.
  • Nehme ich die Menschen mit oder dränge ich ihnen etwas auf? Ist es mein oder ihr Projekt? Stülpe ich ihnen etwas über, das sie gar nicht brauchen? Bisher waren sie gewohnt, dass man ihnen ein Projekt, ein fertiges Konzept angeboten hat. Und es wurde bereitwillig angenommen. Ich habe bisher nur sehr selten gehört: „Das brauchen wir eigentlich nicht.“
  • Habe ich die kulturellen Randbedingungen erfasst, die ich zum großen Teil nicht kenne?
  • Traue ich den Menschen nicht zu, dass sie SELBST die Lösung finden? Begegne ich ihnen wirklich auf Augenhöhe?

Wenn man lange Zeit in Afrika lebt und mit offenen Augen durchs Land fährt, erkennt man, dass es leider viel zu viele gescheiterte Entwicklungsprojekte gibt. Ich würde sogar so weit gehen, dass dies auf den weitaus größten Teil zutrifft. Und die Gründe sind auch, dass die Projekte aus unserer europäischen Sicht und nicht von den Menschen selbst entwickelt wurden.

Seit nun über zehn Jahren sind wir bei Lumière-Cameroun auf dem Weg, dem Hören immer größere Bedeutung einzuräumen. Und ich möchte hinzufügen, dass wir da immer noch nicht am Ziel sind.

Unsere Zauberformel heißt: Fragen und Hören.

Fragen: Es sind offene Fragen, die man nicht mit „ja“ oder „nein“ beantworten kann. Dann heißt es, Geduld zu haben, denn meist herrscht erst einmal Stille. Doch nach einiger Zeit kommen die Antworten.

Hören: Wir hören aufmerksam zu. Daraus entsteht eine Spirale aus Fragen und Antworten. Schritt für Schritt entwickeln nun die Frauen selbst ihr Projekt.

Wir von Lumière-Cameroun müssen uns zurückhalten, um nicht in das alte, oben geschilderte Muster zurückzufallen. Je mehr wir mit offenen Ohren und vor allem mit offenen Herzen zuhören, umso mehr freuen wir uns über die daraus entstehenden Resultate:

  • Die Frauen schildern ihre Probleme und finden Wege, sie zu lösen.
  • Sie formulieren ein Ziel für die Gruppe und für sich selbst.
  • Sie entwickeln realisierbare Zwischenetappen und Schritte, um das große Ziel zu erreichen.
  • Sie schauen nach jeder Etappe, ob sie noch auf dem richtigen Weg sind. Wenn nötig, korrigieren sie den Weg oder, wenn sie dies als erforderlich erachten, auch das Ziel.

Lumière-Cameroun legt großen Wert darauf, dass die Frauen nach sechs Jahren intensiver Zusammenarbeit IHREN Weg in eine bessere Zukunft allein weitergehen können. Für das Team von Lumière-Cameroun beginnt Hören und Reden mit einer neuen Frauengruppe.

Eine Schülerin ergreift das Wort.

Besprechnung mit den Gruppenleiterinnen

Hören und Fragen

Sanda und Klaus hören aufmerksam zu.

Lumière-Cameroun Vorstanssitzung